China korrigiert sein Wachstumsziel nach unten. Wie schlimm steht es um die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt wirklich? Wie geht es für das Land weiter? Und was bedeutet das für deutsche Unternehmen? Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, klärt auf.
Quelle: Sparkasse
Herr Dr. Kater, die Konjunktur in China kühlt sich zunehmend ab. Manche zweifeln die offiziellen Zahlen der Regierung an und sehen sogar die Gefahr einer Rezession im Reich der Mitte. Wie schlimm steht es um China wirklich?
Dr. Ulrich Kater: Vieles spricht für eine gewisse Entzauberung des chinesischen Wirtschaftswunders in den kommenden Jahren. Das Wirtschaftswachstum sinkt seit Jahren kontinuierlich. Raten von zehn Prozent und mehr gehören der Vergangenheit an. In den kommenden Jahren dürfte es eher Richtung vier Prozent gehen.
Gleichzeitig spielen Dienstleistungen in der Wirtschaft eine immer wichtigere Rolle. Das bedeutet: Die Dynamik in der Industrie ist nur unterdurchschnittlich. Die Entwicklung der Industrieproduktion bestimmt aber im Ausland die Wahrnehmung über das Wirtschaftsgeschehen Chinas, insbesondere weil hieran auch die Aufträge für die deutsche Exportindustrie hängen. In der Vergangenheit war dieser Sektor der Hauptreiber des Wachstums.
Zu diesen langfristigen Trends kommt eine zyklische Wirtschaftsschwäche: Die chinesische Regierung will das Verschuldungsproblem in den Griff bekommen und hat daher die Kreditvergabe gebremst. Auch die Unsicherheit um den Handelskonflikt mit den USA wirkt sich aus, auch wenn hier in den vergangenen Wochen die Signale eher auf eine Einigung hindeuteten.
Trotz allem: China bleibt der größte und wichtigste unter den neuen Spielern in der Weltwirtschaft und Weltpolitik.
Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank. Quelle: Sparkasse
Vor allem die chinesische Mittelschicht kämpft mit der nachlassenden Wachstumsdynamik, der Konsum hat nachgelassen. Die Führung will mit Steuersenkungen und Investitionen gegensteuern. Wie geht es für das Land jetzt weiter?
Mit dem Versuch, die Wirtschaft über Steuersenkungen zu beleben, weicht die Regierung von früheren Handlungsmustern ab. Bisher setzte sie vor allem auf eine Ausweitung von Krediten und Investitionen. Dies kann als Bekenntnis zu einer Stärkung der Privatwirtschaft verstanden werden – oder auch als Eingeständnis, dass die früheren Instrumente nicht mehr zur Verfügung stehen. Ob die Maßnahmen ausreichend sind, um das Wachstumsziel von aktuell immer noch 6 bis 6,5 Prozent zu erreichen, darf bezweifelt werden.
Was bedeutet das für deutsche Unternehmen?
Die Schwäche im verarbeitenden Gewerbe Chinas bedeutet, dass insbesondere deutsche Maschinen-und Anlagebauer in ein schwierigeres Umfeld kommen. Die vergangenen Jahre erweisen sich gegenwärtig als eine außergewöhnliche Boomphase, die nicht anhalten kann.
Die chinesische Wirtschaft will produktiver werden und immer mehr High-Tech-Produkte herstellen. Daher dürfte die Nachfrage zwar nicht einbrechen. Aber die chinesische Konkurrenz wird sich wohl auf neue Sektoren ausdehnen.
Für die Autobauer gilt Ähnliches: Ein dauerhafter Nachfrageeinbruch erscheint zwar unwahrscheinlich, aber die Zeiten des stürmischen Wachstums sind vorbei.
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