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Unternehmen nach dem Lockdown: Kann die Krise stärken?

Der Lockdown ist vorüber, die Unternehmen nehmen ihren Betrieb wieder auf. Doch wie die Pandemie weiter verläuft und welche sozialen, politischen und wirtschaftlichen Folgen sie hat, bleibt weiterhin ungewiss. Nur eines scheint sicher: So, wie Unternehmen vor der Krise agiert haben, können sie nicht weitermachen. Als der Staat im März massive Corona-Schutzmaßnahmen verhängte, wurde es hektisch in den Unternehmen. Praktisch über Nacht brachen die Aufträge weg, mussten Mitarbeiter anders eingesetzt oder in Kurzarbeit geschickt, Produktionsanlagen umgestellt oder stillgelegt werden.

Nun ist die erste Pandemiewelle abgeebbt. Der Betrieb läuft wieder an. Und erneut dürfte es hektisch werden. Schließlich kommt es jetzt darauf an, die Verluste der letzten Wochen und Monate so gut und so schnell wie möglich auszugleichen. Doch wer nun ausschließlich mit Sofortmaßnahmen reagiert und ansonsten wieder zum gewohnten Tagesgeschäft übergeht, handelt einer aktuellen Studie des Beratungshauses Accenture zufolge hochgradig riskant.

Szenarien für die nächsten Monate

Das Dokument skizziert mehrere mögliche Szenarien für den weiteren Verlauf der COVID-19-Pandemie und damit verbundene Risiken für Unternehmen: Im schlimmsten Fall bricht eine zweite Infektionswelle aus, die sich nicht mehr kontrollieren lässt. Regierung und Gesellschaft stehen dann vor einer Zerreißprobe. Die Inflation schnellt nach oben und in den Unternehmen brechen Umsätze und Gewinne auch in den kommenden Monaten ein. Die Schulden steigen, Konkurse nehmen zu. Das Geld für einen konsequenten „Neustart“ fehlt.

Im besten Fall ist das Virus bald eingedämmt, die Regierungsmaßnahmen stabilisieren die Wirtschaft. „Doch auch dann dürften sich viele Unternehmen voll mit der Wiedereröffnung beschäftigen und dabei die Langfristplanung vernachlässigen“, sagt Dr. Moritz Hagenmüller, Leiter des Strategiegeschäfts von Accenture im deutschsprachigen Raum und Russland. Dadurch fehle die Widerstandsfähigkeit, um den nächsten Einbruch zu verkraften – und der kann jederzeit kommen. Statt zum Gewohnten zurückzukehren, müssten sich Unternehmen daher systematisch neu ausrichten. Aber wie?

Mitarbeiter müssen mitziehen

Jedenfalls nicht von oben herab. „Vorgesetzte müssen ihre Mitarbeiter in den Prozess einbinden“, so Hagenmüller. Die Belegschaft ist derzeit ohnehin verunsichert, wie es weitergeht. Zudem müssen viele Berufstätige momentan Homeoffice und das Homeschooling ihrer Kinder unter einen Hut bringen – das zehrt an den Kräften. Wer sich darum als Arbeitgeber nicht kümmert oder intransparente Entscheidungen trifft, kann gerade jetzt leicht das Vertrauen seiner Mitarbeiter verspielen. Und dann nützt auch der beste Businessplan wenig.

Die vergangenen Wochen haben Arbeitnehmern aber auch neue Perspektiven aufgezeigt. So ist etwa die Arbeit im Homeoffice für viele alltäglich geworden. Unternehmen dürften sich daher technisch und organisatorisch auf hybride Teams einstellen, in denen Kollegen örtlich flexibel zusammenarbeiten.

Flexibilität wird zur Kernkompetenz von Unternehmen

„Die meisten Unternehmen haben kurzfristige Maßnahmen längst umgesetzt, also beispielsweise für einen Infektionsschutz gesorgt oder Webkonferenz-Tools eingerichtet“, sagt Hagenmüller. „Wir müssen uns aber von dem Gedanken verabschieden, dass es damit erledigt ist.“ Vielmehr sollten Manager jetzt in Phasen denken und zunächst jene Geschäftsbereiche wiedereröffnen, die am schnellsten flüssige Mittel einbringen. Jede Maßnahme sollte so gestaltet sein, dass sie gut skalierbar ist – sich aber auch leicht rückgängig machen lässt, wenn die Situation es erfordert. Dazu sei es wichtig, Frühwarnsignale für einen neuen Ausbrauch des Virus zu beobachten, um dann lokal zu reagieren.

Neben diesen mittelfristigen Aufgaben empfiehlt das Beratungshaus, die Phase des Umbruchs zu nutzen, um über Jahrzehnte gewohnte Prozesse und IT-Lösungen auf den Prüfstand zu stellen und weiterzuentwickeln oder, wenn nötig, auch komplett zu ersetzen. Hagenmüller: „Auch wenn es angesichts der akuten Lage schwerfällt, sollten Unternehmen gerade jetzt ein neues Zukunftsbild entwickeln.“ Um dieses trotz aller Ungewissheit dann auch umsetzen zu können, müssten sich Unternehmen agil aufstellen. Nur dann seien sie in der Lage, flexibel auf unvorhersehbare Ereignisse zu reagieren und sich verändernden Situationen anzupassen.

Eine große Unbekannte ist beispielsweise das Kaufverhalten. Krisenbedingt hatte sich das zuletzt erheblich gewandelt: Statt Restaurantbesuch gab es Essen zum Abholen. Statt Einkaufsmeile den Onlineshop. Manche dieser Reaktionen waren vorhersehbar, andere weniger – etwa die Hamsterkäufe von Toilettenpapier. Und während einige der neuen Verhaltensweisen schnell wieder verschwinden dürften, werden andere bleiben. Prognosen zum Konsumentenverhalten sind jedenfalls schwieriger geworden. Entsprechend wichtig sind KI-basierte IT-Systeme, die dabei helfen, das eigene Angebot besser auf die Kunden zuzuschneiden.

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Kosten managen und antizyklisch investieren

Bleibt die Frage, wie all das finanziert werden soll. „Derzeit liegt der Fokus vor allem auf der Liquiditätssicherung“, ist sich Hagenmüller bewusst. Zu straffe Sparmaßnahmen seien jedoch mit Vorsicht zu genießen. Den Beratern zufolge sei es wichtiger, die Kosten nicht einfach nur zu senken, sondern sie variabler zu gestalten. Beispielsweise, indem die Unternehmens-IT nicht mehr gekauft, sondern über die Cloud gemietet wird. Zugleich eröffnen sich gerade in der Krise attraktive Möglichkeiten für Zukäufe und Übernahmen. Es kann sich also lohnen, in Unternehmen zu investieren, die niedriger bewertet sind – während sich die Wettbewerber voll auf die Bestandssicherung konzentrieren.

Keine Rückkehr zum Alten

Früher oder später wird die Pandemie überstanden sein. Allerdings werden dann weder Gesellschaft noch Wirtschaft so sein, wie vor der Krise. Es wird neue Spielregeln geben, neue Erwartungen, neue Sorgen und Visionen. Unternehmen müssen sich daher in vielerlei Hinsicht neu erfinden. Für die einen kann das bedeuten, grundlegende Prozesse über Bord zu werfen und agiler zu gestalten. Und für andere mag es schon genügen, den eigenen Mitarbeitern intensiver zuzuhören. 

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