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Tech-Innovation in Coronazeiten: Neue Kultur gesucht

Parallel zu Covid-19 ist weltweit ein regelrechtes Innovationsfieber ausgebrochen: Desinfektionsroboter reinigen die Straßen von Wuhan. KI-Systeme helfen Virologen bei der Suche nach einem Impfstoff. Und ständig scheinen neue Videokonferenz-Tools das Homeoffice erobern zu wollen. Wie schon vor der Pandemie gehen viele Neuentwicklungen allerdings am Bedarf der Menschen vorbei. Eine Studie hat nun untersucht, woran das liegt und wie es sich ändern lässt. 

Die Corona-Pandemie hat große Teile der Wirtschaft fast zum Erliegen gebracht. In den Innovationsabteilungen ist jedoch mehr los denn je. Im Eiltempo entstehen neue Ideen und Produkte, die der veränderten Nachfragesituation gerecht werden und das Geschäft am Laufen halten sollen. Vor allem digitale Lösungen sind gefragt.

Einleuchtend, betrachtet man die Zahlen einer Studie des Beratungshauses Accenture. Demnach sagten schon vor der Krise 52 Prozent der Verbraucher, Technologie spiele eine wesentliche Rolle in ihrem Leben oder sei sogar mit fast allen Bereichen ihres Alltags eng verzahnt. Inzwischen dürfte der Anteil deutlich höher liegen: Arbeit und soziale Kontakte waren für viele Menschen wochenlang nur über das Web möglich, auch Shopping lief stärker denn je über das Internet. Und wer doch in den Supermarkt ging, bezahlte in erster Linie kontaktlos.

Und dennoch: Innovationen, die echte Probleme lösen oder Nutzer wirklich begeistern, muss man der Studie zufolge lange suchen. „Die Nutzer werden bei Themen, die ihr eigenes Leben betreffen, oft außen vorgelassen“, sagt Dr. Jochen Malinowski, bei Accenture für den Bereich New IT verantwortlich.

Den Nutzer miteinbeziehen

Hinzu kommen Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes und der Persönlichkeitsrechte. „Schon vor Corona waren viele Menschen zunehmend zögerlich und misstrauisch, was den Einsatz ihrer Daten angeht“, so Malinowski. Inzwischen hat sich die Situation verschärft: Allein schon bei jedem Restaurant- oder Friseurbesuch müssen sie nun ihre Adresse und Mobilnummer angeben. Und die mangelnde Kommunikation der Bundesregierung zur Funktionsweise ihrer Corona-Warn-App hat die Bürger noch weiter verunsichert.  

Dabei wäre es außerordentlich wichtig zu erfahren, wie gut ein digitales Produkt zu den Menschen und ihren Vorstellungen passt. Aber um ihre Mitarbeiter, Kunden und Partner in die Prozesse einzubeziehen, fehle es den meisten Unternehmen schlicht an nötigen Voraussetzungen. Die Marktforschung sieht derzeit verschiedene Trends, wie sich innovative Technologien besser entwickeln und auf den Markt bringen lassen könnten.

 

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So sei beispielsweise die Möglichkeit mitzuentscheiden für Kunden enorm wichtig, belegt die Accenture-Studie. Insbesondere, wenn es um die eigenen Erfahrungen mit einer Technologie geht. Das hat etwa BMW schon lange vor der Pandemie erkannt. Mit seinem ConnectedDrive Store bietet der Münchner Autobauer eine Anwendung, mit der Fahrer digitale Funktionen ihres Autos nach Belieben nachrüsten können. Für 80 Euro im Jahr bekommt man dort beispielsweise seinen digitalen Autoschlüssel für fünf Personen. Wer möchte, kann auch den Spurhalteassistenten einfach per „In-App-Kauf“, wie vom Smartphone gewohnt, nachträglich ordern. Malinowski rät: „Kunden möchten selbst entscheiden, ihre Erfahrungen mitgestalten. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Unternehmen die Beziehungen zu ihren Kunden ausbauen und sie als Partner betrachten. Dabei müssen Sie jedoch transparent mit der Verwendung der Kundendaten umgehen. Inzwischen sind das Grundvoraussetzungen dafür, dass Kunden Vertrauen fassen und die Produkte überhaupt annehmen.“

Was für Unternehmen gilt, gilt auch für Regierungen. Bei der Corona-App beispielsweise ist die Bundesregierung erst nach Protesten und großem Medienwirbel auf eine dezentrale Datenverwaltung und offene Quellcodes umgeschwenkt.

Mehr Mut zur Zusammenarbeit mit Maschinen

Neben der Individualisierung ist Künstliche Intelligenz (KI) eine der treibenden Kräfte hinter der Entwicklung neuer Technologien. KI-Systeme helfen heute dabei, Erkrankungsmuster bei Covid-19-Patienten zu erkennen und einen Impfstoff zu finden. Sie unterstützen Ärzte zudem bei der „Triage“ – also bei der Entscheidung, welcher Patient im Notfall eine nur begrenzt verfügbare Behandlung erhält. Ohne KI hätten viele Unternehmen zudem wesentlich länger gebraucht, ihre Lieferketten auf die sich ständig verändernde Krisensituation zu adaptieren.

Doch KI-Projekte im großen Stil in den Unternehmen zu verankern fällt vielen Geschäftsführern noch schwer. Zwar forschen in Deutschland mehr als 70 Prozent zu Initiativen in diesem Bereich, die Ergebnisse werden aber nur selten für das komplette Unternehmen genutzt. Oft liegt es daran, dass Maschinen allein keinen Wandel vollziehen, sondern Menschen. „Die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine wird für Innovationen künftig von entscheidender Bedeutung sein“, ist sich Malinowski sicher.

 

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Das beginnt im Alltag. Schon heute übernehmen intelligente Geräte Aufgaben, die noch vor wenigen Jahren ganz selbstverständlich von Menschenhand erledigt wurden – das Staubsaugen zum Beispiel. Gleichzeitig sieht noch immer der Großteil der Arbeitnehmer den Einsatz von Robotern vornehmlich in der Industrie. Eine bessere Akzeptanz von Robotern fernab von Lagerhallen und Fließbändern – und deren sinnvoller Einsatz – ist laut der Accenture-Studie zentraler Bestandteil von Innovationen. In China werden derzeit umfunktionierte Drohnen zur Desinfektion ganzer Stadtgebiete eingesetzt, während autonome Roboter per Infrarotkamera bei Krankenhauspatienten Fieber messen. 

Technologie allein reicht nicht aus

Für all das braucht es aus Sicht der Marktforscher eine neue Innovationskultur, die den Menschen maximal einbezieht: kreative Freiräume, flexible Hierarchien und eine Fehlerkultur, die mehr auf Vertrauen setzt als auf Kritik. Sozusagen eine Innovations-DNA, von der ein Unternehmen auch dann noch profitiert, wenn die Krise längst vorüber ist. Der Hersteller Bosch etwa nutzt sein „Accelerator Programm“, um neue Ideen zu validieren und Geschäftsmodelle schnell und kapitaleffizient aufzubauen. Mit Erfolg: Seit dem Start des Programms ist die Produktentwicklung dreimal schneller geworden, die Kosten haben sich halbiert. Zwar war das Programm nie für eine weltweite Ausnahmesituation konzipiert. Dennoch ermöglichen es Strukturen wie diese auch Großkonzernen, in kritischen Zeiten schnell und flexibel auf veränderte Marktanforderungen zu reagieren.

Das Fazit? Technologie allein ist nicht der Schlüssel zum Erfolg – kann aber in Krisen besonders starke Impulse setzen. Oder wie Jochen Malinowski es formuliert: „Es reicht nicht aus, auf neue technologische Werkzeuge zu setzen, um dann einfach weiter so zu agieren, wie man es gewohnt ist. Erfolg setzt künftig voraus, grundlegende Annahmen hinsichtlich des eigenen Unternehmens und seiner Funktionsweise zu hinterfragen.“ Das galt schon vor Corona. Jetzt lässt es sich aber nicht mehr ignorieren.

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