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Individuelle Krebstherapie

Mit der Simulations-App zur optimalen Behandlung

Begrüßungsbildschirm, der beim Öffnen der kompilierten CancerMate-App angezeigt wird.

Neue Technologien verheißen einen Paradigmenwechsel in der Diagnose und Therapie von Krebs: Mithilfe von Simulation kann anhand individueller Patientendaten Tumorwachstum präzise berechnet und die Reaktion auf verschiedene Behandlungsmethoden wie Chemotherapie oder diverse Medikamente vorhergesagt werden. Aktuell bestimmen Ärzte so bereits die optimale Art der Behandlung bei Brustkrebspatienten und vermeiden unnötige Nebenwirkungen sowie Kosten. 

Noch immer ist Brustkrebs eine der häufigsten Krebserkrankungen weltweit. Laut einer Studie des Robert Koch-Instituts Berlin erkranken in Deutschland jedes Jahr mehr als 70.000 Frauen. Auch Männer und zunehmend jüngere Menschen sind betroffen. Während es in den Methoden der Tumorbehandlung bereits viele Verbesserungen gegeben hat, bleibt die präzise Prognose für das Verhalten und die Entwicklung des Tumors bislang eine Herausforderung, die die Erfolge der Behandlung jedoch grundlegend beeinflusst. Die Kenntnis darüber, wie sich ein Tumor im weiteren Verlauf verhalten wird, ermöglicht eine deutlich gezieltere Ausrichtung der Behandlung und Behandlungsdauer auf den jeweiligen Patienten. Simulationstechnologie macht dies nun endlich möglich. Bislang mussten Onkologen hier in erster Linie auf ihr allgemeines Erfahrungswissen setzen. Doch Tumore sind so individuell wie die Patienten selbst. 

Personalisierte Berechnung von Tumorverhalten mit Simulationstechnologie

In der prädiktiven Onkologie wird daher nach neuen Methoden und Technologien gesucht, um nicht nur das Entstehen von Krebs, sondern auch die Entwicklung möglichst genau vorherzusagen. In der traditionellen Diagnostik kann bislang stets nur der jeweilige Ist-Zustand beurteilt werden (siehe Bild 1). 

Bei der traditionellen Herangehensweise wird der Tumor anhand von Scans jeweils in seinem Ist-Zustand beurteilt.   © lordn - stock.adobe.com

Eine Technologie, die der neue prädiktive Ansatz nutzt, ist die Simulation. Werden die individuellen Daten des jeweiligen Patienten in eine computergestützte Modellierung eingefügt (Bild 2), können die Ergebnisse verschiedener Behandlungsmethoden per Simulation getestet und verglichen werden.

Dafür setzt die moderne prädiktive Onkologie auf Algorithmen und Machine Learning. Mithilfe mathematischer Gleichungen werden individuelle Daten sowie biologische und physische Faktoren in die Bestimmung und Vorhersage des Tumorwachstums mit einbezogen. Auf Basis der Ergebnisse dieser Berechnung können die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten präzise und fundiert evaluiert werden. Die deterministischen Modelle des Tumorwachstums ermöglichen dann die Auswahl der individuellen Krebstherapie. 

 

Simulations-App veranschaulicht die Berechnungen für die Praxis

Ein Start-up, das sich aus der Universität von Basilicata in Italien heraus gegründet hat, nutzt genau solche mathematischen Gleichungen und hat sie für die onkologische Praxis einsetzbar gemacht: Unter dem Namen CancerMate brachte die initiatives for Bio-Materials Behavior (iBMB Srls) eine App heraus, die sich speziell an Onkologen richtet und per Simulation nicht nur das zukünftige Tumorverhalten, sondern auch dessen Reaktion auf bestimmte Therapien und Medikamente veranschaulicht. CancerMate wurde mit der Simulationssoftware COMSOL Multiphysics® erstellt, die die Funktion des Application Builder enthält. Damit können individuell basierende Simulations-Apps angefertigt und verwaltet werden. COMSOL ist ein führender Anbieter von Simulationssoftware für Produktdesign und Forschung für technische Unternehmen, Forschungslabore und Universitäten. Eine besondere Stärke dieser Software ist die Fähigkeit, voneinander abhängige oder auch multifaktorielle Phänomene zu berücksichtigen, die nicht nur in der medizinischen Forschung häufig sind. So können auch komplexeste Entwicklungen wie die eines Tumors simulativ anschaulich gemacht werden, die lange als „unberechenbar“ galten. 

Eine 3D-Darstellung der Brust einer Frau (Digital Imaging and Communications in Medicine).

Den traditionellen, derzeit auf dem Markt befindlichen Behandlungsmöglichkeiten von Karzinomen mangelte es an Personalisierung und Präzision. Anhand der Ergebnisse, die CancerMate mithilfe der individuellen Patienteninformationen generiert, können Onkologen ihre Behandlungsstrategie entsprechend anpassen, um die Wirksamkeit der individuellen Krebstherapie zu optimieren und unerwünschte Nebenwirkungen zu minimieren. Die App ermöglicht es Ärzte, virtuelle Szenarien durchzuspielen und so die Belastung für den Patienten oder die Patientin zu minimieren und zusätzlich die Kosten der Behandlung zu reduzieren. 

Praktische Anwendung: Simulationstechnologie hilft Nebenwirkungen zu vermeiden

Mit CancerMate können Onkologen das Fortschreiten eines soliden Tumors bei Brustkrebs dauerhaft besser überwachen und beurteilen. In der Praxis wird dies aktuell bei nicht metastasierten, triple-negativen Mammakarzinomen angewendet. Zu den triple-negativen Mammakarzinomen, kurz TNBC, zählen circa 20% aller Mammakarzinome. Diese sehr heterogene Tumorgruppe ist für eine hohe Rückfallrate innerhalb der ersten fünf Jahre nach der Erstbehandlung bekannt. Unter anderem deshalb gelten sie als Hochrisikotumoren, die in der Regel eine aggressivere Krebstherapie erfordern.

Die Prognose bei dieser Art von Tumor in Bezug auf das Gesamtüberleben ist jedoch interindividuell sehr unterschiedlich. Während einige Tumore aggressiv wachsen und zu einem frühen Tod führen, kann sich bei anderen TNBCs ein ähnlicher Verlauf entwickeln wie bei Hormonrezeptor-positiven Tumoren. Da bisher der aggressivere Verlauf nicht auszuschließen war, wurden in der Regel ebenso aggressive Behandlungsmethoden wie Chemotherapien oder Medikamente mit starken Nebenwirkungen standardmäßig eingesetzt. Die verlässliche Voraussage, wie der Tumor sich denn tatsächlich entwickeln wird, kann daher für die Patienten einen erheblichen Unterschied bedeuten: Wenn der absehbare Verlauf keine hoch aggressive Krebstherapie bedingt, können unnötige Nebenwirkungen – und nebenbei auch Kosten für das Gesundheitssystem – vermieden werden. 

CancerMate: Ein Schritt in Richtung personalisierte Onkologie

Gianpaolo Ruocco, CEO von iBMB Srls, und sein Team entwickelten CancerMate mithilfe der gleichungsbasierten Modellierungsfunktionen von COMSOL Multiphysics. Konkret verwendeten sie den Application Builder in COMSOL Multiphysics und nutzten zusätzlich den COMSOL Compiler™, ein Add-On-Produkt, das die Kompilierung von Apps mit nur einem Mausklick möglich macht. So verwandelten sie ihren komplexen Ansatz in eine nutzerfreundliche App (Abbildung 4). Sie integrierten PDE-Werte, die das Tumorwachstum und die Reaktion auf die individuellen Krebstherapie bestimmen. Anhand dieser simuliert CancerMate mathematisch genau die Vermehrung von Krebszellen sowie die Auswirkungen einer vor-operativen Chemotherapie.  In Form einer eigenständigen App ist die Nutzung der Simulationstechnologie und präzisen, individuellen Vorausschau auf die Tumorentwicklung und Therapieresponsivität leicht für Kliniker zugänglich, sodass diese virtuelle Szenarien durchführen und detaillierte Informationen über den Krebsverlauf direkt auf ihrem Desktop erhalten können.

Die App bildet die Schnittstelle zwischen dem Verständnis des jeweils einzigartigen Tumors und dessen idealer Behandlung. Mit den Patientendaten können numerische Ergebnisse berechnet und der Verlauf des vorhergesagten Läsionsvolumens und der integrierten Medikamentenkonzentration über die Zeit visualisiert werden (Abbildung 5).

Die Benutzeroberfläche für die CancerMate Mark 1-App zeigt die Eingabeoptionen und ein Beispiel für berechnete Ergebnisse auf der Grundlage des zugrunde liegenden COMSOL-Modells.

Die App nutzt das mathematische Modell, um klinische Daten zu integrieren. Die virtuellen Biomarker fließen in die Vorhersagen des Modells ein. Die App wendet diese Biomarker auf eine Reihe von Gleichungen an, die das Tumorwachstum und das Ansprechen auf die Behandlung im Zeitverlauf beschreiben. Nach der Berechnung wird das numerische Ergebnis angezeigt, und eine Grafik zeigt den Verlauf des vorhergesagten Krebsläsionsvolumens und der integrierten Arzneimittelkonzentration. Durch CancerMate können Kliniker so die Reaktion eines Patienten auf die individuelle Krebstherapie antizipieren und kontrolliert agieren.

Kein Science Fiction mehr, sondern (Virtuelle) Realität 

Die Benutzerfreundlichkeit und die Simulationsmöglichkeiten von CancerMate machen es für Onkologen und Pharmaforschende zu einem wertvollen Instrument für die personalisierte Krebsbehandlung. Die aktuelle Version von CancerMate ist für den Einsatz in einem klinischen Umfeld bereit, insbesondere für die Behandlung von dreifach negativem Brustkrebs. Die Entwickler der App kündigten bereits an, dass das zugrundeliegende Modell, sobald weitere Datensätze zur Verfügung stehen, trainiert werden kann, um noch diversere Brustkrebs-Subtypen und Therapien abzudecken. Während sich die App derzeit auf Brustkrebs konzentriert, plant das Team des iBMB, die Technologie der App auch auf andere Krebsarten und Arzneimittel zu erweitern.

Neben der Ausweitung der Nutzung der App sieht das iBMB-Team die Möglichkeit, CancerMate als ein Werkzeug zur Erstellung virtueller menschlicher Zwillinge (VHTs) zu nutzen, die einen krebsartigen Krankheitszustand darstellen. VHTs werden in der technologischen Forschung bereits jetzt ein hoher zukünftiger Stellenwert beigemessen, da sie das Potenzial haben, die Präzision klinischer Befunde zu verbessern und die maßgeschneiderte Krebsbehandlung voranzutreiben. VHTs können beispielsweise über ein am Kopf befestigtes Display projiziert werden. Mit einem solchen Headset würden Chirurgen in eine virtuelle Realität eintauchen, in der er zum Beispiel sehen könnte, ob eine Läsion in der Brust zu nahe am Knochen liegt, um je nach Ergebnis die Behandlungspläne entsprechend anzupassen. VHTs sind damit längst mehr als eine Vision für die Zukunft: Sie sind umsetzbar und ein vielversprechender Weg, um die Medizin auf eine personalisierte und präzise Weise anzugehen – ein bedeutsamer Paradigmenwechsel.

Im Zuge der Weiterentwicklung der prädiktiven Onkologie unterstützen Tools wie CancerMate Onkologen bei ihrer täglichen Arbeit und verantwortungsvollen Entscheidungen. Für Patienten wiederum bedeutet dies, dass eine für ihren konkreten Fall perfekt zugeschnittene individuelle Krebstherapie realisierbar ist. Gleichzeitig werden dabei so wenige Nebeneffekte wie möglich und die besten zu erzielenden Ergebnisse gewährleistet. Die Simulationstechnologie läutet die Zukunft der Krebsfrüherkennung und dessen Behandlung ein und macht neuste Forschung handhabbar für die Praxis und den Nutzen der Patienten.  

Ein Arzt verwendet VR während einer Operation.

 

Impressum:

Comsol Multiphysics GmbH
Robert-Gernhardt-Platz 1
37073 Göttingen
 
T: +49 551 99721-0
F: +49 551 99721-29

 

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