Teil 2 — Dienstreise 4.0
Nachhaltigkeit
»Wir brauchen Lösungen, die es nicht so kompliziert machen, sich richtig zu verhalten.«

Nachhaltigkeit ist keine Modeerscheinung, sondern eine Notwendigkeit. Dr. Eckart von Hirschhausen bezeichnet den jetzigen Moment als unsere letzte historische Chance, die Erde für Menschen bewohnbar zu halten. Der Arzt, Wissenschaftsjournalist und Gründer der Stiftung „Gesunde Erde Gesunde Menschen“ setzt sich mit seinem Wissen und seiner Tatkraft für den Klimaschutz als Gesundheitsschutz ein. In der DB Lounge am Frankfurter Flughafen traf er Evelyn Palla, Vorstand Finanzen/Controlling bei der DB Fernverkehr AG, zum Gespräch über die großen Hebel: Wie kann die Bahn dazu beitragen, die Klimaziele zu erreichen? Und welche Rolle spielen Dienstreisen dabei?

Evelyn Palla: Hallo Herr von Hirschhausen, schön, dass Sie in Frankfurt sind! Sie sind mit der Bahn angereist – war das eine bewusste Entscheidung, oder ist es bei Ihnen intuitiv schon so, dass Sie gar nicht auf die Idee kämen, Auto oder Flugzeug zu nutzen?

Eckart von Hirschhausen: Ich bin bekennender Bahn-Fan seit vielen Jahrzehnten. Schon als Kind war es für mich selbstverständlich, dass man für längere Strecken die Bahn nutzt. Und seit ich mich mit meiner Stiftung „Gesunde Erde Gesunde Menschen“ für Klima- und Gesundheitsschutz engagiere, darf ich mich auch nicht mehr beim innerdeutschen Fliegen erwischen lassen (lacht).

Evelyn Palla: In der Tat ist die Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene ja ein ganz zentraler Hebel für den Klimaschutz. Insofern ist die Bahn für mich bei Dienstreisen innerhalb Deutschlands die logische Wahl. Darüber hinaus stellt sich aber für viele immer wieder die Frage: Wie komme ich zum Bahnhof?

Eckart von Hirschhausen: Am besten auch mit den Öffentlichen, das ist ja bei manchen Bahntickets auch schon mit drin. Ich bin ein großer Fan vom City-Ticket.

Ich bin bekennender Bahnfan, seit vielen Jahrzehnten.
Dr. Eckart von Hirschhausen

Evelyn Palla: Oder einfach zu Fuß. Als Büromensch sitzt man ohnehin zu viel. Mal zu Fuß zum Bahnhof gehen oder von dort zum Termin oder Hotel, das sind gute Gelegenheiten für etwas Bewegung.

Eckart von Hirschhausen: Könnte das City-Ticket nicht auch die Call-a-Bikes, die Leihräder der Bahn, beinhalten?

Was kann die Bahn zur Verkehrswende beitragen? Dr. Eckart von Hirschhausen und Evelyn Palla im Gespräch.

Evelyn Palla: Guter Punkt! Bei den Angeboten zur ersten und letzten Meile passiert aktuell sehr viel. Nicht nur die Bahn engagiert sich in diesem Bereich, sondern auch viele junge, innovative Start-ups mit tollen Ideen. Das finde ich super, weil wir diese erste und letzte Meile nachhaltig zurücklegen wollen.

Eckart von Hirschhausen: Im Moment geht der Trend bedingt durch die Corona-Pandemie ja leider in die andere Richtung: Viele, die früher mit öffentlichen Verkehrsmitteln gefahren sind, steigen wieder aufs Auto um. Was könnte man tun, um sie wieder für die Bahn zu gewinnen?

Produktiv und nachhaltig zugleich: Dr. Eckart von Hirschhausen steigt für Dienstreisen gerne in den Zug.

Evelyn Palla: Bei den Privatkunden sehen wir schon den Trend, dass sie wieder verstärkt Bahn fahren. Bei den Geschäftskunden ist das leider noch nicht auf Vor-Corona-Niveau. Deshalb versuchen wir gerade ganz gezielt, diese Gruppe mit Marketingmaßnahmen und speziellen Aktionen zu erreichen. Insgesamt rechnen wir damit, dass die Fahrgaststeigerungen, die wir vor der Krise prognostiziert haben, verzögert – und vielleicht auch etwas langsamer – eintreten werden.

Eckart von Hirschhausen: Die nachhaltigste Dienstreise ist natürlich immer noch die, die man nicht macht. In Corona-Zeiten haben wir zwar gelernt, dass man eine Menge Besprechungen online hinbekommt. Dabei vergessen wir oft, dass wir dafür unglaublich viele Server beschäftigen – und solange die Stromerzeugung dreckig ist, ist auch alles, was viel Strom frisst, nicht nachhaltig. Was ich mir gut vorstellen könnte, wären mehr zentrale Orte, an denen man sich auch für eine kürzere Zeit treffen und separieren kann, wenn man intensive Face-to-Face-Gespräche braucht.

Evelyn Palla, Vorstand Finanzen/Controlling DB Fernverkehr AG
Dr. Eckart von Hirschhausen, Arzt, Wissenschaftsjournalist und Stiftungsgründer

Evelyn Palla: Ja, diese Angebote gibt es. Auch bei der Bahn, zum Beispiel in unseren DB Lounges wie hier am Frankfurter Flughafen, die wir gerade bis 2024 modernisieren. Aber Sie haben recht, wenn wir über Geschäftszahlen reden, wäre es schön, sich noch einmal akustisch abtrennen zu können. Ich nehme Ihre Idee gerne mit – wir wollen ja dazulernen und Dinge ausprobieren. Was hätten Sie denn ansonsten noch für Wünsche bezüglich Ihrer Dienstreisen?

Eckart von Hirschhausen: Ich finde es herrlich, die Zeit auf Zugfahrten sinnvoll nutzen zu können. Ein Nickerchen ist bei 200 bis 300 km/h in der Bahn sehr gesund. Hinterm Steuer nicht. Ich wäre sofort bereit, für einen bequemen Schlafsessel einen Aufpreis zu zahlen, Noise-Cancelling-Kopfhörer und eine Schlafbrille habe ich eh immer dabei. Wenn ich abends für meine Live-Shows vor das Publikum trete, muss ich frisch und ausgeruht sein.

Evelyn Palla: Das diskutieren wir gerne. Zugfahren wird tatsächlich immer wieder neu gedacht. So machen sich unsere Design-Fahrzeugexperten schon heute Gedanken, wie die künftige Gestaltung der Innenräume aussehen könnte.

Eckart von Hirschhausen: Ein weiterer großer Vorteil im Zug ist ja, dass man sich beim Fahren die Beine vertreten kann. Vielleicht könnte man sich auch auf einem Crosstrainer an der Stromerzeugung beteiligen? Oder ein paar BahnComfort-Punkte erstrampeln?

Evelyn Palla: Bei DB Regio wird tatsächlich schon getestet, ob sich etwa ein Fitnessstudio im Zug rentieren würde. Aber was Ihre Idee von der nachhaltigen Stromerzeugung angeht, so können alle Reisenden schon heute im ICE mit 100 Prozent Ökostrom fahren. Das heißt, es gibt während der Fahrt keine direkten Emissionen. Eventuelle indirekte Emissionen werden über Atmosfair kompensiert. Man fährt also emissionsfrei und kann auf diese Weise seine Ökobilanz auf der Geschäftsreise verbessern.

Eckart von Hirschhausen: Allerdings weiß so ein Elektron ja nicht, wie es erzeugt wurde. Und die DB kauft leider weiterhin Kohlestrom ein. Hat die Bahn als Stromeinkäufer nicht eine unglaubliche Marktmacht, die sie dafür nutzen könnte, damit wir noch schneller aus der für Menschen und Atmosphäre ungesunden und desaströsen Kohlestromproduktion rauskommen?

Wenn Evelyn Palla geschäftlich unterwegs ist, nutzt sie die DB Lounges zum Lesen – zum Beispiel über den Klimawandel.
Wir wollen in allen Bereichen auf 100 Prozent Ökostrom umstellen. Bis 2040 soll die Deutsche Bahn komplett klimaneutral sein.
Evelyn Palla

Evelyn Palla: Die Deutsche Bahn verfolgt bereits das Ziel, in allen Bereichen sukzessive auf 100 Prozent Ökostrom umzustellen. Das betrifft den gesamten Personen- und Güterverkehr, ebenso wie die Bahnhöfe, Bürogebäude und Werkstätten. Bis 2040 soll die Deutsche Bahn komplett klimaneutral sein. Das ist für uns eine ganz wesentliche Maßnahme im Hinblick auf den Klimaschutz und die Ökobilanz unseres Unternehmens. Mich interessiert noch Ihre Ansicht dazu, was jeder Einzelne verbessern kann?

Eckart von Hirschhausen: Persönliche Entscheidungen steuern ungefähr ein Fünftel des CO2-Fußabdrucks. Vier Fünftel werden über die Infrastruktur entschieden, in der wir uns bewegen. Deswegen freue ich mich auch, dass wir über die großen Hebel sprechen: Mobilität und Erneuerbare. Das Wichtigste, was jeder Einzelne tun kann, ist: sich engagieren, den Mund aufmachen, sich vorher aufschlauen. Wir brauchen Lösungen, die es nicht so kompliziert machen, sich richtig zu verhalten. Flugreisen muss man überhaupt nicht verbieten, wenn das Gegenangebot attraktiver und preisgünstiger ist.

Evelyn Palla: Das heißt, Sie würden immer die Bahn als Reisemittel vorziehen?

Eckart von Hirschhausen: Ja, denn das Kostbarste, was ich habe, ist meine Lebenszeit. Die möchte ich weder im Stau verbringen noch in der Schlange vor der Sicherheitskontrolle am Berliner Flughafen. Das kann sich ja kein Komiker ausdenken, dass man zwischenzeitlich vier Stunden vor Abflug dort sein sollte! In der Zeit bin ich schon von Berlin aus mit dem ICE in München. Allerdings ist es wichtig, dass die Bahn verlässlich ist. Angesichts potentiell noch häufigerer Extremwetterphänomene mit Orkanen, Starkregen und Hitze wird das vielleicht noch schwieriger. Wie macht sich die Bahn denn wetterfest?

Vielen Menschen ist noch nicht bewusst, dass Nachhaltigkeit keine Mode ist, sondern die Grundlage unseres Lebens.
Dr. Eckart von Hirschhausen
Im ICE der Deutschen Bahn sind Reisende schon mit 100 Prozent Ökostrom unterwegs – bis 2040 will die Bahn insgesamt klimaneutral sein.

Evelyn Palla: Wir haben beim Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung eine Studie beauftragt. Deren Daten nutzen wir, um Maßnahmen zu ergreifen, durch die man klimabedingte Störungen frühzeitig erkennen und gegen sie ansteuern kann. Dabei geht es um den Einsatz von Sensoren und Satelliten, auch Drohnen. Insgesamt ist esdie große Aufgabe, das Schienensystem resilient gegenüber klimabedingten Einflüssen zu machen.

Eckart von Hirschhausen: Unsere Generation trägt hier eine enorme Verantwortung, denn wir sind die Ersten, die erleben, wie Extremwetter uns auch in Deutschland gefährden. Und wir sind die letzte Generation, die daran noch etwas ändern kann. Vielen Menschen ist noch nicht klar, dass Nachhaltigkeit keine Mode ist, sondern die Grundlage unseres Lebens. Wenn ich Bahn fahre, gucke ich gerne aus dem Fenster, um zu sehen, wie schön wir es eigentlich haben und wie gefährdet all das ist, was unser Leben angenehm macht. Ich habe viele Seiten meines Buches „Mensch, Erde! Wir könnten es so schön haben“ im Zug geschrieben.

Evelyn Palla: Sie können im Zug also richtig produktiv sein?

Eckart von Hirschhausen: Ja. Mich würde auch mal gesamtgesellschaftlich interessieren, wie viel Produktivität eigentlich durch die Reisezeiten zu Geschäftsterminen im Auto oder Flieger verloren geht. Meiner Erfahrung nach meckern die am meisten über die Bahn, die schon lange nicht mehr mit dem Zug gefahren sind. Die nächste Generation tickt da anders, die Statussymbole Vielfliegerkarte und fettes Auto haben ausgedient. So, nun muss ich aber los, mein Zug fährt gleich.

Evelyn Palla: Dann danke ich Ihnen für das Gespräch, Herr von Hirschhausen, und wünsche eine gute Reise!

DB Lounge
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