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Die Wahrheit ans Licht bringen:
Ein Spezial über Whistleblower

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Sie setzen ihr eigenes Leben aufs Spiel, um geheime Dokumente zu veröffentlichen: In den Informationen von Whistleblowern geht es um Korruption, Verbrechen oder Kriegspläne. Oft haben Aufdecker mit ihren mutigen Taten die Weltgeschichte beeinflusst. Whistleblower werden aktuell mit Datenskandalen und Spionage von Geheimdiensten in Verbindung gebracht. Doch auch während der Nazizeit gab es brisante Fälle, wie ein spannender Historien-Thriller auf Netflix zeigt.

Kennen Sie Edward Snowden? Natürlich. Der junge Amerikaner, ehemaliger Mitarbeiter des CIA, löste im Jahr 2013 eine weltweite politische Affäre aus. Er hatte Tausende geheime Dokumente über die weltweite Überwachung der amerikanischen und britischen Geheimdienste an die Öffentlichkeit gebracht. Seitdem wird er von den amerikanischen Behörden verfolgt; heute lebt er im Exil in Moskau.

Sicher erinnern Sie sich auch an die „Panama Papers“, die 2016 von der „Süddeutschen Zeitung“ und einem internationalen Recherchenetzwerk veröffentlicht wurden. Sie dokumentieren, wie Unternehmen, aber auch Politiker im großen Stil Geldwäsche und Steuervermeidung betreiben und dazu Briefkastenfirmen und Steueroasen nutzen. Die Veröffentlichung führte zu einer großen öffentlichen Debatte über Steuermoral.

Edward Snowden: der ehemalige CIA Mitarbeiter gab Einblick in die Überwachungs- und Spionagepraktiken von Geheimdiensten und erregte damit im Juni 2013 weltweit für Aufsehen.

Snowden und die Informanten der Recherche um die „Panama Papers“ bezeichnet man als Whistleblower. Seltsamer Name – er kommt vom englischen Begriff „to blow a whistle“, was so viel bedeutet wie „Aufdecken von Fehlverhalten“. Whistleblower sind Enthüller, die versuchen, geheime Informationen an die Öffentlichkeit zu bringen. Meistens geht es dabei um Missstände in der Politik, um Korruption in Behörden oder Unternehmen. Ein gefährliches Terrain. Whistleblower müssen mutig sein, oft riskieren sie ihr Leben. Es gibt nicht wenige Beispiele für Aufdecker, die Auftragsmorden zum Opfer fielen oder auf rätselhafte Weise verschwanden. Die Informanten der Panama-Papers spielten der SZ und anderen Medien 11,5 Millionen brisante E-Mails zu. Ihre Namen sind aus gutem Grund bis heute unbekannt.


Ich will nicht in einer Welt leben, in der alles, was ich sage, alles was ich mache, der Name jedes Gesprächspartners, jeder Ausdruck von Kreativität, Liebe oder Freundschaft aufgezeichnet wird

Warum tun Whistleblower das? Oft geben Enthüller moralische Gründe für ihr Handeln an. So wie Edward Snowden. Zu seinem Motiv für die NSA-Enthüllungen sagt er: „Ich will nicht in einer Welt leben, in der alles, was ich sage, alles was ich mache, der Name jedes Gesprächspartners, jeder Ausdruck von Kreativität, Liebe oder Freundschaft aufgezeichnet wird.“

Oft haben Whistleblower den Gang der Weltgeschichte tatsächlich beeinflusst. Einer der berühmtesten Figuren ist der stellvertretende FBI-Direktor Mark Felt. Er lieferte unter dem Decknamen „Deep Throat“ wichtige Informationen zur Watergate-Affäre. Zur Erinnerung: Es war in Washington Anfang der 1970er-Jahre, als fünf Einbrecher versuchten, Abhörwanzen im Hauptquartier der Demokratischen Partei zu installieren und Dokumente zu fotografieren. Bald stellte sich heraus, dass der Einbruch (und noch viele weitere Straftaten) vom Umfeld des US-Präsidenten Richard Nixon gesteuert wurde. Nixon musste zurücktreten. Aufgedeckt hatten die Affäre die „Washington Post“ und ihre Journalisten Bob Woodward und Carl Bernstein – in dem berühmten Film von 1976 („Die Unbestechlichen“) wurden sie von Dustin Hoffman und Robert Redford verkörpert. Doch die wahre Hauptrolle bei der Aufdeckung spielte der Whistleblower Mark Felt, der die beiden Journalisten mit Interna aus dem FBI versorgte.

Zur gleichen Zeit spielt ein weiterer sehr bekannter Fall des Whistleblowings. Der USA-Ökonom Daniel Ellsberg veröffentlichte 1971 in der „New York Times“ die geheimen „Pentagon-Papiere“. Durch diese Publikation wurde aufgedeckt, dass amerikanische Regierungen die Öffentlichkeit und den Kongress jahrelang über den Vietnamkrieg belogen hatten. So wurde zum Beispiel deutlich, dass der Krieg lange geplant war. Ellsbergs Enthüllung trug wesentlich zu einer öffentlichen Debatte und zur Beendigung des Vietnamkriegs bei.

Daniel "Dan" Ellsberg deckte mit den „Pentagon-Papieren“ 1971 Wahrheiten über den Vietnamkrieg auf. Er tritt entschieden für die Whistleblower-Plattform WikiLeaks ein. Foto: Takomabibelot

Aufdecker hat es vermutlich schon immer gegeben, auch in der Zeit der Nazidiktatur. Ein weitgehend vergessener Fall ist die Geschichte des deutschen Industriellen Eduard Schulte. Schulte war Generaldirektor des größten deutschen Zinkproduzenten und Gegner des Nationalsozialismus. 1942 hatte er erfahren, dass die Nazis den Bau eines Vernichtungslagers in Auschwitz planten, und gab diese Information detailliert weiter, sie drang bis in die Zentrale des Jüdischen Weltkongresses und zur US-Regierung vor. Doch Schultes mutige Tat blieb folgenlos. Niemand konnte sich vorstellen, dass es wirklich stimmen sollte, dass die Deutschen einen industriellen Massenmord an Millionen Juden beabsichtigten.

Die Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland ist auch der Hintergrund eines aktuellen Films auf Netflix, in dem Aufdecker eine zentrale Rolle spielen. „München – im Angesicht des Krieges“ heißt der neueste Film des deutschen Regisseurs Christian Schwochow („Deutschstunde“, „Je suis Karl“), der als Spezialist für zeitgeschichtliche Stoffe gilt. Literarische Vorlage ist der gleichnamige Thriller des britischen Bestsellerautors Robert Harris.


Auch in „München“ geht es um eine mutige Tat, um Menschen, die ihr Leben aufs Spiel setzen, um die Wahrheit ans Licht zu bringen.

Die Geschichte spielt vor dem Hintergrund der Münchner Konferenz von 1938, bei der sich Hitler, Chamberlain, Mussolini und Daladier treffen. Der drohende Weltkrieg kann durch das Münchner Abkommen scheinbar verhindert werden, doch in Wahrheit plant Hitler schon den Einmarsch in die Tschechoslowakei. So weit der historische Kontext – der Film fügt als fiktive Hauptprotagonisten die beiden Freunde Hugh Legat und Paul von Hartmann hinzu. Die beiden haben zusammen in Oxford studiert. Paul von Hartmann, der junge Diplomat, ist Mitglied einer Widerstandsgruppe im Auswärtigen Amt. Er besitzt ein geheimes Dokument, das Hitlers Kriegspläne beweist. Mit der Unterstützung seines Freundes Hugh, der im britischen Außenministerium arbeitet, gelingt es ihm, das Schreiben dem britischen Premiers Neville Chamberlain auszuhändigen. Eine lebensgefährliche Tat, denn Paul von Hartmann wird von einem SS-Mann misstrauisch beobachtet.

„München – im Angesicht des Krieges“ ist eine spannende Story, die mit den Mitteln des Thrillers arbeitet und einen historischen Stoff lebendig werden lässt. Dass dabei aktuelle Bezüge anklingen, ist beabsichtigt. „‚München‘ ist ein historischer Film, der heutige Fragen diskutiert“, sagt Regisseur Christian Schwochow im Gespräch mit dem Moderator und Filmkritiker Steven Gätjen. Er schildere die „Stimmung eines Kontinents, wenn man in den Abgrund schaut“. Auch in unserer Zeit, sagt Schwochow, könne Europa auseinanderbrechen. Autoritäre Regierungen, Erstarken der Rechten – das sind die drohenden Gefahren, damals wie heute. Im Film diskutieren die beiden jungen Diplomaten über Formen des Widerstands im Jahr 1938. Und 2022? „Junge Menschen politisieren sich wieder“, sagt Christian Schwochow. Und lässt keinen Zweifel daran, dass er das für eine gute Entwicklung hält.

Szenen vor und hinter der Kamera von „München – im Angesicht des Krieges“: Hugh Legat (George MacKay) und Paul von Hartmann (Jannis Niewöhner) in geheimer Mission gegen den Krieg. Regisseur Christian Schwochow mit Jeremy Irons am Filmset.

Für den Film konnte Schwochow eine beeindruckende Besetzung gewinnen. Allen voran Oscarpreisträger Jeremy Irons, der den britischen Premierminister Chamberlain spielt, George MacKay und Jannis Niewöhner in den Rollen der beiden jungen Diplomaten sowie Ulrich Matthes, der Hitler verkörpert. Dabei sind auch Liv Lisa Fries, Sandra Hüller und August Diehl. Gerade die jüngeren deutschen Darsteller, erzählt Regisseur Schwochow, schauten natürlich ein bisschen ehrfürchtig zu dem internationalen Star Jeremy Irons auf. Und der revanchierte sich freundlich: „Wow, die Deutschen sind richtig gut!“

„München – im Angesicht des Krieges“ startet am 21. Januar auf Netflix.

München

Erleben Sie den Film vor dem Start

Netflix lädt Sie ein zu einer virtuellen Vorführung des Historienthrillers München – Im Angesicht des Krieges am Donnerstag, den 13. Januar um 19:30 Uhr. Werfen Sie einen exklusiven Blick hinter die Kulissen des Films mit einem Gespräch zwischen Regisseur Christian Schwochow und Moderator Steven Gätjen. Erleben Sie die packende britisch-deutsche Produktion noch vor dem offiziellen Start auf Netflix bequem von zu Hause aus. Sie bekommen den exklusiven Zugang als Link und weitere Informationen direkt in Ihr Postfach geschickt.
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Trailer

Arno Makowsky ist freier Journalist. Davor war er Ressortleiter bei der Süddeutschen Zeitung und Chefredakteur der Münchner Abendzeitung.

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