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Wie kann CO2-Speicherung zur Klimaneutralität beitragen?

Veröffentlicht am 26.09.2022 | Zuletzt aktualisiert am 18.09.2023

Die Abscheidung und Speicherung von CO2 spielt eine wichtige Rolle dabei, weltweit das Ziel der Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Doch einige Menschen haben Bedenken rund um die Technologie – aufgrund von Vorurteilen und Falschinformation. Wir räumen im Folgenden die wichtigsten Irrtümer aus.

Im Zuge der weltweiten Bestrebungen, bis zum Jahr 2050 das Ziel der Netto-Null-Emission zu erreichen, hat sich die CO2-Abscheidung und -speicherung (CCS) als eine der Schlüsseltechnologien zur Eindämmung des Klimawandels erwiesen. Führende internationale Organisationen, darunter die Internationale Energieagentur (IEA), sind zu dem Schluss gekommen, dass das Erreichen des Netto-Null-Emissionensziels ohne den Einsatz von CO2-Speicherung in großem Maßstab praktisch unmöglich ist. Darüber hinaus kann die Technologie dazu beitragen, die Prioritäten im „Energie-Trilemma“ – Klimaschutz, Energiesicherheit und Bezahlbarkeit – in Einklang zu bringen. Doch so vielversprechend CO2-Speicherung auch sein mag, es gibt immer noch eine Reihe von Irrtümern hinsichtlich der Leistungsfähigkeit und Sicherheit der Technologie, weswegen manche Menschen ihren Nutzen in Frage stellen. Im Folgenden gehen wir auf vier dieser Irrtümer ein und zeigen, warum CO2-Abscheidung und -Speicherung eine entscheidende Technologie ist, um die Welt auf einen nachhaltigen Entwicklungspfad zu bringen.

Irrtum Nr. 1:

CO2-Speicherung sei nicht sicher

CO2-Abscheidung und -Speicherung ist eine erprobte Technologie, die bereits seit über 40 Jahren kommerziell genutzt wird. Das norwegische Energieunternehmen Equinor verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung mit der Abscheidung und Speicherung von CO21 und ist derzeit an mehr als 40 derartigen Projekten auf der ganzen Welt beteiligt.2

Wissenschaftliche Studien und empirische Daten bestätigen, dass die unterirdische Speicherung großer Mengen CO2 praktikabel und sicher ist. Sie kann mit sehr geringem Risiko für die Umwelt erfolgen. Zudem deuten Forschungsergebnisse darauf hin, dass mehr als 98 Prozent des CO2, das in Regionen mit einer moderaten Anzahl an vorhandenen Bohrlöchern in geordnete Lagerstätten eingebracht wird, über 10.000 Jahre im Untergrund verbleibt.3

Darüber hinaus weist das Global CCS Institute darauf hin, dass zahlreiche, bewährte Überwachungstechnologien in der Lage sind, die CO2-Speicherstätte im Untergrund während des gesamten Lebenszyklus zu überwachen – vor, während und nach der Einspeicherung.4

Es gibt derzeit
30 voll
funktionsfähige
CCS-Anlagen
weltweit
Quelle: Global Status Report 2022, Global CCS Institute5
Ist CCS nachhaltig?

CO2-Abscheidung und -Speicherung, (kurz: CCS) entzieht CO2 aus großen Emissionsquellen, wie z.B. der Schwerindustrie, noch bevor es in die Atmosphäre gelangt.

Das abgeschiedene CO2 wird dann durch Pipelines oder in Schiffen und Lastwagen abtransportiert und in unterirdischen Gesteinsschichten sicher und dauerhaft gespeichert, ähnlich wie Wasser in einem Schwamm gespeichert wird. Der für die CO2-Speicherung genutzte geologische Standort wird überwacht, um sicherzustellen, dass das CO2 an Ort und Stelle bleibt und nicht wieder an die Oberfläche entweicht.

Die CCUS-Wertschöpfungskette
Bei der CO2-Abscheidung, -nutzung und -speicherung (Carbon capture, utilisation and storage, CCUS) wird das CO2 sowohl gebunden als auch in Produkte wie Kraftstoffe und Chemikalien umgewandelt, während bei CCS (Carbon Capture and Storage) der Kohlenstoff beispielsweise in unterirdischen geologischen Formationen gespeichert wird.
AbscheidungAbscheidung von CO2 aus mit fossilen Brennstoffen oder Biomasse betriebenen Kraftwerken, Industrieanlagen oder direkt aus der Luft.TransportTransport von komprimiertem CO2per Schiff oder Pipeline vom Ort der Verwendung oder Speicherung.NutzungDie Nutzung von abgeschiedenem CO2 als Ausgangsstoff oder Rohstoff zur Herstellung von Produkten oder Dienstleistungen.SpeicherungDauerhafte Speicherung von CO2in unterirdischen geologischenFormationen.AbscheidungAbscheidung von CO2 aus mit fossilen oBrennstoffen oder Biomasse betriebenen Kraftwerken, Industrieanlagen oder direkt aus der Luft.TransportMoving compressed CO2 by ship or pipeline from the point of use or storage.StorageUsing captured CO2 as an input or feedstock to create products or services.StoragePermanently storing CO2 in underground geological formations, onshore or offshore.
Source: IEA, Energy Technology Perspectives 2020
2x
Abscheidungskapazität
50% KOSTENSTEIGERUNG

Irrtum Nr. 2:

CCS sei zu teuer

In der Anfangsphase benötigen neue Technologien in der Regel staatliche Subventionen, um den für eine gewisse Skalierung benötigten Aufbau zu fördern. Beispiele dafür sind erneuerbare Energien wie Solar- und Windenergie, die die EU seit Jahren unterstützt. Bei CO2-Abscheidung und -Speicherung, mit deren Hilfe Emissionen schnell und in großem Umfang reduziert werden können, ist das nicht anders, und die daraus resultierenden Skaleneffekte werden die Kosten erheblich senken.6 Nach Angaben des Global CCS Institute dürfte eine Verdoppelung der Abscheidungskapazität in einer Anlage die Kapitalkosten nur um etwa 50 Prozent erhöhen.7

Nach Angaben des Global CCS Institute wurden im Jahr 2022 61 neue Anlagen zur Projektpipeline hinzugefügt, sodass derzeit insgesamt 30 CCS-Projekte in Betrieb, 11 im Bau und 153 in der Entwicklung sind.

Die CO2-Abscheidungskapazität aller in der Entwicklung befindlichen CCS-Anlagen ist auf 244 Millionen Tonnen pro Jahr gestiegen - ein beeindruckendes Wachstum von 44 Prozent in den letzten 12 Monaten (Oktober 2021 - Oktober 2022).8

Für einige wichtige Industriezweige ist CCS bereits eine kosteneffiziente Option zur Verringerung der Emissionen. Laut IEA ist CCS derzeit die einzige skalierbare Lösung zur Verringerung der Emissionen bei der Zementherstellung, wo zwei Drittel der Emissionen durch chemische Reaktionen im Zusammenhang mit der Erhitzung von Kalkstein und nicht durch die Verbrennung von Brennstoffen entstehen. Bei der Eisen- und Stahlherstellung sind CCS-basierte Produktionsverfahren derzeit die fortschrittlichsten und kostengünstigsten CO2-armen Optionen.10

Inzwischen schließt sich die Lücke zwischen den Kosten für den Erwerb von CO2-Emissionsrechten und den Kosten für den Einsatz von CCS, da die Kosten für CO2-Emissionen gestiegen sind. Die im Rahmen des Emissionshandels der EU gehandelten Emissionszertifikate liegen derzeit bei rund 80 Euro pro Tonne.11 Laut einer Reuters-Umfrage unter sechs Analysten sollen die EU-Zertifikate im Jahr 2023 im Durchschnitt 81 Euro pro Tonne CO2 und im Jahr 2024 94 Euro pro Tonne CO2 kosten.12 Dadurch wird CCS zu einer zunehmend rentablen Investitionsmöglichkeit.

Irrtum Nr. 3:

CCS sei lediglich eine kurzfristige Lösung

Die CCS-Technologie ist nachweislich eine langfristige Lösung, um CO2 aus der Atmosphäre zu extrahieren und sicher zu speichern. Der große Vorteil von CCS liegt in den enorm großen CO2-Mengen, die die Technologie bewältigen könnte.

Etwa 1.000 Jahre norwegischer CO2-Emissionen können potenziell unter der Nordsee gespeichert werden.13 Der Weltklimarat schätzt, dass die technische geologische CO2-Speicherkapazität weltweit in der Größenordnung von ca. 1.000 Gigatonnen liegt – wobei die regionale Verfügbarkeit geologischer Speicher ein begrenzender Faktor sein könnte.14 Das ist mehr als der Speicherbedarf, der bis zum Jahr 2100 benötigt wird, um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.

Weltweite technische geologische CO2-Speicherkapazität
1.000GIGATONNEN
Ist Netto-Null ohne CO2-Speicherung möglich?

Die Mehrzahl der von führenden internationalen Organisationen entworfenen Szenarien sieht CO2-Abscheidung und -Speicherung als notwendige Ergänzung zu den laufenden Bemühungen, CO2-Emissionen zu verringern.

Und obwohl die Zahl der nationalen Ankündigungen, das Ziel der Netto-Null Emissionen anzustreben, jeden Tag wächst, bleiben die Vorhaben weit hinter dem zurück, was erforderlich ist, um den globalen Temperaturanstieg auf höchstens 1,5 Grad Celsius zu begrenzen – ein Niveau, das die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels verhindern würde.

CCS bietet nicht nur eine nachhaltige Lösung für wichtige, aber schwer zu dekarbonisierende Industrien, wie zum Beispiel Stahl oder Zement, sondern kann auch CO2 auffangen, das sich bereits in der Atmosphäre befindet. Das macht die Technologie zu einer wichtigen Ergänzung zu laufenden Bemühungen zur Reduzierung der Kohlenstoffemissionen.

Irrtum Nr. 4:

CCS sei lediglich eine Möglichkeit für Öl- und Gasunternehmen, weitere Förderung zu rechtfertigen

Dem jüngsten Bericht des Weltklimarats zufolge wird die im Pariser Abkommen festgelegte kritische Grenze für den Temperaturanstieg von 1,5 Grad Celsius bei den derzeitigen Emissionstrends irgendwann zwischen 2030 und 2052 überschritten werden.15

Dieser rasche Anstieg und die damit verbundene kürzere Zeitspanne bedeuten, dass alle verfügbaren Technologien zur Reduzierung des CO2 in der Atmosphäre, einschließlich CCS, eingesetzt werden müssen, um den globalen Temperaturanstieg innerhalb der Grenzen der Klimaziele zu halten. CCS ist weit davon entfernt, die Aufmerksamkeit von den Bemühungen zur Verringerung der CO2-Emissionen abzulenken, und stellt vielmehr eine notwendige Ergänzung zu den heutigen Strategien zur Verringerung der Emissionen dar.

Globale CO2-Emissionsreduzierung im Energiesektor nach Maßnahmen im Sustainable Development-Szenario der IEA im Vergleich zum Stated Policies-Szenario der IEA, 2019-70
Quelle: IEA, Energy Technology Perspectives 2020
-40-30-20-100201920302040205020602070hrlichGt CO2/Jahr
Einsparungen
Technologischer Fortschritt
Elektrifizierung
Wasserstoff
Bioenergie
Andere erneuerbare Energien
Andere Brennstoffumstellungen
CCUS

* Energieeffizienz umfasst sowohl verbesserte technologische Leistungen als auch Umstellungen in den Endverbrauchssektoren von energieintensiveren auf weniger energieintensive Produkte (auch durch Brennstoffumstellungen).

Anmerkung: CCUS = Kohlenstoffabscheidung, -nutzung und -speicherung. Siehe IEA (2020a) und die ETP-Modelldokumentation für die Definition der einzelnen Vermeidungsmaßnahmen. Wasserstoff umfasst CO2-armen Wasserstoff und aus Wasserstoff gewonnene Brennstoffe wie Ammoniak.

Nach Angaben der IEA stammen rund 20 Prozent aller CO2-Emissionen aus wichtigen Industriezweigen wie der Zement-, Eisen- und Stahlproduktion, welche jedoch schwer zu dekarbonisieren sind. CCS ist praktisch die einzige technologische Lösung, um die Emissionen aus der Zementherstellung erheblich zu reduzieren. Sie ist in vielen Regionen auch der kosteneffizienteste Ansatz zur Verringerung der Emissionen in der Eisen-, Stahlindustrie und der chemischen Industrie.16

Die erste Phase des Northern Lights-Projekts vor der norwegischen Küste, das 2024 in Betrieb gehen wird, verfügt über eine CO2-Speicherkapazität, die den Emissionen von 750.000 Autos pro Jahr entspricht. Weitere vergebene Lizenzen vor der norwegischen Küste haben das Potenzial, die Speicherkapazität im nächsten Jahrzehnt um ein Vielfaches zu erhöhen.

Die Zero Carbon Humber-Partnerschaft von Equinor im Vereinigten Königreich zielt darauf ab, bis Mitte der 2030er Jahre an mehreren Standorten entlang der Humber-Mündung bis zu 17 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr abzuscheiden.

Ist CCS nachhaltig?

Jede Technologie, die den Anspruch erhebt, nachhaltig zu sein, muss sicher, praktikabel und auf lange Sicht realisierbar sein; CCS erfüllt alle diese Kriterien.

Studien haben gezeigt, dass CO2 unterirdisch für Tausende von Jahren sicher gelagert werden kann und dass eine solche Lagerung mit der Zeit immer sicherer wird.

CCS ist nicht nur deshalb eine praktische Lösung, weil es Ähnlichkeiten mit der natürlichen unterirdischen Lagerung von Öl und Gas aufweist, sondern auch, weil rund 70 Prozent der heutigen Industrieemissionen in Schlüsselregionen in einem Umkreis von nur 100 Kilometern um potenzielle unterirdische Lagerstätten produziert werden.17 Dies senkt die Transportkosten und verkürzt die Entwicklungszeiten.

Schätzungen zufolge liegt die gesamte globale CO2-Speicherkapazität zwischen 8.000 und 55.000 Gigatonnen18, was weit über den 220 Gigatonnen liegt, die im Sustainable Development-Szenario der IEA zwischen 2020 und 2070 benötigt werden.19

CCS ist kein Allheilmittel, aber es hat das Potenzial, erheblich zur Verringerung der CO2-Emissionen beizutragen. Und da die Zeit drängt, wird immer deutlicher, dass CCS notwendig ist, um das globale Ziel der Netto-Null-Emissionen bis 2050 erreichen zu können.

3D visualisation of CCS at Sleipner, Norway; Image credit: Alligator Film/Equinor
3D Visualisierung von CCS in Sleipner, Norwegen; Bild: Alligator Film/ Equinor

Dieser Inhalt ist in Zusammenarbeit mit Equinor entstanden und beleuchtet den Beitrag des Unternehmens zur Energiewende. Mehr zu Equinors Aktivitäten im Bereich CO2-Management erfahren Sie hier.

Fußnoten:
12.
Reuters (2023): Analyst EU carbon price forecasts edge higher but risks remain