Der Balaton

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Eine Reise für Genießer

Der größte See Mitteleuropas hat weit mehr zu bieten als sommerlichen Badespaß und Strandimbisse: Der Balaton schillert in so vielen Facetten, dass man ihn immer wieder neu erleben darf. Auch auf dem Teller.

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Wie ein kleiner Tafelberg thront der Badacsony als höchster der Zeugenberge am Nordufer des Balatons. Und tatsächlich erinnert die Silhouette des Basaltblocks an einen fein eingedeckten Tisch. Doch dazu später. Wer den hölzernen Aussichtsturm auf 437 Metern erklimmt und über die Wipfel guckt, meint, dass die Weinberge von Badacsony ungebremst ins Wasser hineinwachsen. Es ist so seicht, dass sich die Wolken darin spiegeln.

Es braucht nur eine 180-Grad-Drehung, und man schaut auf ein sattgrünes Tal, in dem weitere bewaldete Spitzen und Plateaus an die Vulkane erinnern, deren Lavaströme sie geformt haben. Kein Wunder, dass sich rund um den Hügel allerlei Legenden ranken: zum Beispiel, dass hier einst ein paar Riesen spielten – und die herumkullernden Basaltklötze und -kegel in Eile zurückließen.

Im Westen reicht der Blick bis zur Bucht von Keszthely, der heimlichen Hauptstadt am See; im Osten bis zur Halbinsel Tihany mit der barocken Abtei. 236 Kilometer Küste rahmen diese schimmernde Wassermasse ein, und spätestens hier oben wird klar, dass der Balaton weit mehr zu bieten hat als sommerlichen Badespaß.

Rund um den See gibt es unzählige kulturelle und historische Kleinode zu entdecken. Burgen, Schlösser und Museen spicken die Ufer, und kuriose Aussichtspunkte eröffnen immer wieder eine andere Perspektive. Und seitdem auch Ungarns Küchen-Avantgarde verstanden hat, dass die feinen Balaton-Weine mit Blick auf den See am besten schmecken und die Zutaten von den Bauernmärkten direkt auf den Teller wandern können, gilt der Balaton neben Budapest als Ungarns neuer Gourmet-Hotspot. Die Michelin-Liste ist lang.

Wer nun ein wenig wehmütig an faule Strandtage denkt, einen frisch am Feuer ausgebratenen Lángos-Fladen mit viel Käse, Knoblauch und Schmand. Keine Sorge, die Ungarn lieben ihre Traditionen. Deswegen erfinden sie sie immer wieder neu …

Nordufer:
Romantische Spielwiese unter erloschenen Vulkanen

Bleiben wir erst mal in Badacsony. Dass sich das Mikroklima zwischen Vulkangehügel und dem riesigen Süßwassersee wunderbar zum Weinanbau eignet, erkannten schon die Römer. Heute gehört Badacsony zu den wichtigsten Weinbaugebieten von Welschriesling oder Grauburgunder in Ungarn. Eine Wanderung verbindet man deswegen am besten mit regelmäßiger Einkehr auf den Terrassen der Weingüter.

Wein, Essen und Natur haben sich hier schon immer gegenseitig bedingt – eine traditionelle Spezialität ist Zander aus dem Balaton auf Basaltstein gebacken und mit dem Wein der alten heimischen Sorte Kéknyelű beträufelt. Doch in den vergangenen Jahren hat sich die Region zu einer kulinarischen Hochburg entwickelt. Neue Bistros und die Restaurants der Weingüter überbieten sich mit kreativen Speisekarten und Events, in deren Mittelpunkt natürlich immer der mineralisch-säuerliche Weißwein steht.  

Der hölzerne Aussichtsturm auf dem Badacsony ist nach dem berühmtesten Bewohner des Hügels benannt: Kisfaludy Sándor gilt als der erste romantische Dichter Ungarns. Sein Wohnhaus, benannt nach seiner großen Liebe, der Szegedy Róza, ist heute ein Wein- und Literaturmuseum, und sein eigenes Kelterhaus beherbergt ein kleines Restaurant.

Die Hingabe ans Land und an alles, was darauf wächst, gehört auch im Folly Arboretum zur Familientradition. Die ersten Zedern und Zypressen pflanzte Dr. Gyula Folly in Badacsonyörs schon vor über hundert Jahren. Heute ist der riesige Botanische Garten mit Hunderten von alten Arten im wahrsten Sinne eine Spielwiese. Im Schatten der Baumkronen verstecken sich phantasievollgestaltete Klettergerüste aus Holz, die nicht nur Kinder nutzen dürfen. Weil die Familie natürlich auch ein Weingut führt, gibt es anschließend eine Verkostung – oder einen Fruchtsirup.

Praktischerweise ist am Balaton das andere Ufer nie fern. Und so kann man ganz einfach mit dem Schiff in den nächsten Weindistrikt übersetzen. Gleich unten in Badacsony wartet die Fähre.

Am Südufer:
Die Tradition im Herzen, die Zukunft auf dem Teller

Das flache Südufer kennen wahrscheinlich viele vom klassischen Familienurlaub. Das Wasser ist seicht, und die Weine aus dem Balatonboglár sind etwas leichter. Die Mission der Gastronomenfamilie wird umso anspruchsvoller: Sie besinnen sich darauf, was direkt vor ihrer Haustür wurzelt – oder schwimmt – und verfeinern dabei die klassischen ungarischen Rezepte mit großer Hingabe. Die neue Liebe zu den altbekannten Zutaten der Region schmeckt man und hat vielen Restaurants und Bistros an der Küste eine Empfehlung im Michelin-Guide eingebracht – einigen sogar die begehrte Bib Gourmand-Auszeichnung.

Aber was sind denn nun eigentlich die Klassiker? Unbedingt probieren muss man ein Paprikash vom Wels mit Túrós Csusza – Nudeln mit Speck und Hüttenkäse. Die Balatoner Fischsuppe dagegen gibt es in so vielen Versionen, wie es Dörfer gibt. Eines ist allerdings Gesetz, ein Drittel der Fische müssen Raubfische sein – und sie kann ganz schön scharf sein.

Landschaftlich hat das Südufer weniger zu bieten, das macht aber nichts. Schließlich hat man von hier den besten Blick aufs Nordufer. Geradezu magisch ist die Aussicht im Sonnenuntergang vom Burgberg in Balatonboglár. Wie aus dem All gefallen, sitzt dort eine riesige Aluminiumkugel: die Xantus János Aussichtskugel. Das futuristische Gebilde wirkt wie das Gegenstück zu den urtümlichen Tafelbergen auf der anderen Seite.

Das Wechselspiel von Mensch und Natur ist es auch, was die neue Gastro-Szene umtreibt. Einige Küchenchefs setzen das Motto „Vom Garten auf die Gabel“ so leidenschaftlich um, dass sie sogar ihr Gemüse selbst anbauen, zumindest aber jeden Zulieferer vom lokalen Bauernmarkt persönlich kennen. Auf den Speisekarten stehen also nicht nur Köstlichkeiten wie gebratene Büffelleber oderAngusrind-Bäckchen, sondern auch mal ein schlichter Gartensalat. Das Hasen-Paprikash wird hier übrigens mit Dödölle serviert, der ungarischen Version von Gnocchi, einer Spezialität des Weinbaugebiets Zala.

Das Verantwortungsgefühl für Natur und Biodiversität kommt nicht von ungefähr. Vom Dörfchen Kéthely ist es nicht weit zum Kis-Balaton, dem kleinen Bruder des Balatons. Das weitläufige Sumpfgebiet steht unter Naturschutz, dient dem Zulauf des Balatons als Wasserfilter und ist ein Vogelparadies. Nicht weit davon, im Reservat von Kápolnapuszta, suhlt sich Ungarns größte Büffelherde im Matsch.

Westufer oder:
Wer sagt, dass man hier nur im Sommer baden kann?

Im Städtchen Hévíz gibt es zwar auch Schlammanwendungen, aber die eigentliche Attraktion ist der Heilsee. Er wird durch eine Quelle aus einem Krater in der Tiefe gespeist und gilt als der größte natürliche und biologisch aktive Thermalsee der Welt. Idyllisch im Grünen gelegen, treibt man zwischen Seerosen, kann brütende Zwergtaucher beobachten oder spürt auch mal einen Fisch vorbeistreifen. Die heilende oder zumindest wärmende Wirkung des Sees sollen schon Germanen und Slawen zu Zeiten der Völkerwanderung genutzt haben.

Die Kurhäuser am See ließ Graf Festetics vor über 200 Jahren errichten. Wer sehen möchte, wie Ungarns Hochadel damals hauste, macht einen Abstecher nach Keszthely am westlichen Zipfel des Sees. Der Schloss Festetics ist ein Meisterwerk barocker Architektur und beherbergt neben einer kostbaren Bibliothek eine pompöse Interieur-Ausstellung.

Das Kontrastprogramm dazu ist Hévíz’ uriger Bauernmarkt. Unbedingt Ausschau halten nach dem würzigen Mohnkäse! Das Wasser im Thermalsee misst selbst im Winter bis zu 25 Grad. Dann kann man inmitten weißer Wipfel im Wasser treiben und zusehen, wie die Schneeflocken auf der Oberfläche schmelzen.

Es gibt also zu jeder Jahreszeit reichlich was zu tun am Balaton, ein Ereignis allerdings sollte man sich in den Kalender schreiben …

Halbinsel Tihany:
Oder wenn sich der Balaton in eine Duftwolke hüllt

Jedes Jahr im Juni sinkt das Stresslevel am Balaton noch einmal – wenn das geht. Zumindest versprechen das die beruhigend duftenden lila Teppiche rund um den See: Lavendelblüten! Rund um die Halbinsel Tihany bedeutet das ein mehrwöchiges Pflückfest, bei dem der Lavendel auch die kulinarische Hauptrolle spielt. Er wird zu Küchlein und Eis verarbeitet, aber auch zu Soßen – und sogar: Lavendelbier.

Die Halbinsel Tihany ragt vom Nordufer gut fünf Kilometer in den See hinein und macht mit den zwei Barocktürmen der Benediktinerabteischon aus der Ferne auf sich aufmerksam. Ein Besuch der tausend Jahre alten Abtei lohnt allein wegen der Wandmalereien und der Holzstatuen in der Kirche. Im Dorf bilden reetgedeckte Höfe und Fischerhäuser ein historisches Freilichtmuseum. Weniger bekannt ist, dass sich auf der Insel Ungarns allererstes Naturschutzgebiet befindet: Auf den moosigen Wanderwegen zwischen zwei Kraterseen und skurril geformten Geysiren erhascht man immer wieder atemberaubende Panoramen über den gesamten Balaton.  

Was jetzt richtig gut schmecken würde? Ein schlichter Lángos mit viel Knoblauch und Schmand vom Strandimbiss.

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