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ARMUT UND HÄUSLICHE GEWALT

Die Folgen der Pandemie: Immer mehr Familien in Europa zerbrechen

Für diesen Artikel ist SOS-Kinderdörfer weltweit verantwortlich.

Wenn es um den langfristigen Effekt von Corona auf die Gesellschaft geht, stehen oft die wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Fokus. Die Auswirkungen auf Kinder und Familien werden häufig vernachlässigt. Dabei hat die Pandemie gerade für sie zum Teil dramatische Konsequenzen: Einem aktuellen Bericht von „Eurochild“ zufolge ist mit einem dramatischen Anstieg von Familien zu rechnen, die der weltweiten Krise auseinanderbrechen.

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Auch in Europa: Immer mehr Kinder verlieren aufgrund der Pandemie ihre Familie. (Bild: SOS-Kinderdörfer weltweit / Katerina Ilievska)

Die Corona-Pandemie wird nach Befürchtungen der SOS-Kinderdörfer weltweit dazu führen, dass deutlich mehr Kinder in Europa ihre Familie verlieren. In Griechenland, Ungarn, Rumänien und der Slowakei sei sogar mit einem Anstieg von über 30 Prozent zu rechnen, wie aus einem aktuellen Bericht von „Eurochild“ – einem Zusammenschluss von Kinderhilfsorganisationen –  hervorgeht. Als Mitglied von „Eurochild“ haben die SOS-Kinderdörfer weltweit Daten zu dem Bericht beigetragen, in dem die Auswirkungen von Corona auf Kinder in Europa untersucht wurden.

Eltern müssen Lebensmittel für ihre Kinder stehlen

Boris Breyer, Pressesprecher der SOS-Kinderdörfer weltweit, nennt die Zahlen „alarmierend“: Dahinter verberge sich großes persönliches Leid. Die Gründe dafür, dass Kinder ihre Familien verlieren, seien in den meisten Fällen Armut und häusliche Gewalt. „Aus dem Bericht wird deutlich, dass beides durch Corona gestiegen ist“, so Breyer.

Die wirtschaftlich schwierige Lage hat in vielen Teilen Europas direkten Einfluss auf die Familien: So seien viele von ihnen in Zypern, Dänemark, Finnland, Italien und der Slowakei durch den Verlust von Arbeitsplätzen in die Armut gerutscht. „Das geht soweit, dass Kinder hungern – mitten in Europa“, so Breyer. Die Verzweiflung wird immer größer: Im italienischen Palermo etwa seien in den letzten Monaten verstärkt Eltern in Supermärkte eingebrochen, um Lebensmittel für ihre Kinder zu stehlen.

Zunahme häuslicher Gewalt

Der Druck durch Lockdown und Schulschließungen führte außerdem zu einem besorgniserregenden Anstieg von Fällen häuslicher Gewalt, wie aus vielen Ländern wie etwa Griechenland, Tschechien, Frankreich, Lettland oder Bulgarien vermeldet wurde. Besonders dramatisch ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass gleichzeitig soziale Unterstützungsangebote und psychische Hilfen zurückgefahren worden sind.

Auch Angststörungen und psychische Probleme unter Kindern nahmen laut Bericht zu: „Auffällig ist, dass in großem Maße Kinder betroffen sind, die bislang keinerlei psychische Auffälligkeiten zeigten“, warnt Breyer.

Besonders düster sei die Situation für Kinder, die bereits vor Ausbruch der Pandemie in Heimen, Pflegefamilien oder familiennaher Betreuung untergebracht waren. „In vielen Ländern sind sie schlichtweg vergessen worden“, so Breyer. Während des Lockdowns hätten sie vielerorts ihre leiblichen Familien nicht besuchen dürfen. Auch die Schließung von Heimen zugunsten familiennaher Unterkünfte, wie sie etwa die SOS-Kinderdörfer bieten, wurde aufgrund der Pandemie in Ländern wie Kroatien oder Tschechien gestoppt.

„Es kann hier nur eine Antwort geben: Kinder müssen deutlich mehr im Zentrum der politischen Entscheidungen stehen, sie brauchen unseren besonderen Schutz – auch und gerade in Zeiten von Corona“, sagt Breyer. Schutz, den die Kinder in einem der weltweit 572 SOS-Kinderdörfer finden. Die Hilfsorganisation unterstützt außerdem Familien dabei, die schwierige Situation zu meistern.

Wenn auch Sie die Arbeit der SOS-Kinderdörfer weltweit unterstützen wollen, finden Sie hier weitere Informationen.

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