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Zwei Hände halten Spiele-Controller vor einem Bildschirm, auf dem ein buntes Jump-and-Run-Videospiel mit Pixelgrafik zu sehen ist. Im Hintergrund sind unscharfe Personen und farbige Flächen erkennbar.

„Games for Health“ und E-Sports – Zocken als Therapie

Können Computerspiele auch gesund machen? Sogenannte „Games for Health“ rücken im Gesundheitswesen immer mehr in den Fokus. Bei der IFA Berlin 2025 brachte die Techniker Krankenkasse die neuesten Entwicklungen in der Gesundheitsbranche auf die Agenda. Welche Games sind besonders wirksam? Und wie gesund ist eigentlich E-Sport?


Gesund werden mit Computerspielen? Noch vor einigen Jahren war das für viele Menschen kaum denkbar. Wenn sich Manouchehr Shamsrizi, einer der profiliertesten Experten für Gaming in Deutschland, an diese Zeit erinnert, muss er ein bisschen schmunzeln. „Das Klischee war das Kind, das stundenlang einsam vor einem Ballerspiel sitzt. Bis die Mutter irgendwann sagt: Mach den Computer aus und geh an die frische Luft!“

Heute hat sich Gaming zu einer Kulturtechnik entwickelt und auch das isolierte Spielen ist überholt. „Inzwischen hat beim Computerspiel fast jeder ein Headset auf und kommuniziert mit Freunden oder weltweit mit anderen Spielern, es ist etwas sehr Aktives“, sagt Shamsrizi. Und mehr noch: Mittlerweile hat auch die Gesundheitsbranche das Gaming als wirksames Mittel entdeckt. Ob für Prävention, Reha oder in der medizinischen Ausbildung: Computerspiele können Therapie- und Lernhelfer sein, die Motorik trainieren und Patienten motivieren. „Verbinden wir eine Therapie oder Präventionsmaßnahme mit spielerischen Elementen, werden diese besser angenommen. Dieses Potential sollten wir nutzen.“, sagt Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse.

Nahaufnahme einer Gesprächsrunde, bei der eine Person ins Mikrofon spricht, während andere zuhören.

Was steckt hinter dem Trend?

„Computerspiele mit Wirkung – wie Serious Games den Gesundheitsmarkt verändern“, so lautete das Thema einer Podiumsdiskussion, zu der die TK auf der IFA Berlin 2025 namhafte Experten geladen hatte. Neben dem TK-Vorstandsvorsitzenden Jens Baas und Manouchehr Shamsrizi, der zu den gesellschaftlichen Auswirkungen von Gaming forscht und lehrt, diskutierte auch Toan Nguyen mit, renommierter Werber und selbst ernannter „Nerd-by-Nature, Stratege und Kultur-Ninja“. Die Moderation übernahm die Digital-Health-Fachfrau Inga Bergen. Also: Was steckt hinter dem Trend „Serious Games“?

Fachleute verstehen unter diesem Begriff Computerspiele mit „ernsthaftem“ Inhalt, die nicht nur der Unterhaltung dienen, „Games for Health“ sind solche ernsthaften Spiele mit Bezug zur Gesundheit. Toan Nguyen sagt allerdings gleich: „Ich mag den Begriff ,Serious Games‘ nicht.“ Warum? „Weil es nach dem Gegenteil von Spaß klingt.“ Auch Computerspiele mit ernsthaften Absichten müssten die Spielerinnen und Spieler fesseln, in eine andere Welt hineinziehen, einen Unterhaltungswert haben – einfach, weil sie sonst niemand spielt. Und die Spiele dürften nicht elitär daherkommen, sondern sollten für eine große Zielgruppe konzipiert sein. „Es geht nicht um Nischenprodukte“, sagt Jens Baas, die „Games for Health“ müssten die Masse ansprechen.

Möglich wird das auf unterschiedliche Art. So ist ein Spiel wie EndeavorRx, das zur Therapie von ADHS geeignet ist, in den USA bereits auf Rezept erhältlich. Auch das Krebs-Game Re-Mission hat in den USA eine Medizinprodukte-Zulassung. Zum anderen beobachten Kinderkliniken einen positiven Effekt, wenn Stationen mit Spielekonsolen ausgestattet werden: Die Kinder können während ihres Klinikaufenthalts mit ihren Freunden spielen, die Games werden zur sozialen Begegnungsstätte.

Eine Person fotografiert mit dem Smartphone eine Veranstaltung oder Podiumsdiskussion, die im Hintergrund stattfindet.

Ein interessantes Beispiel für die Wirksamkeit von Computerspielen konnte man in Brasilien im Zusammenhang mit der Corona-Impfkampagne beobachten. Dort startete ein großes Pharmaunternehmen eine Kooperation mit dem Actionspiel GTA 5: Die Spieler hatten Vorteile, wenn sie sich im Game impfen ließen und beweisen konnten, dass sie auch „in echt“ geimpft wurden. So hat man enorme Reichweiten erzielt, vor allem in Milieus, die für die Kampagne bisher kaum zu erreichen waren.

„Pokémon Go“ oder „Wii Sports“ motivieren die Nutzerinnen und Nutzer rauszugehen, sich zu bewegen, aktiv zu werden. In einer Zeit, in der viele Menschen zu viel Zeit im Sitzen verbringen, können aktivierende Computerspiele „einen tollen Beitrag leisten, gesünder zu leben“, sagt Manouchehr Shamsrizi. Auch zur Prävention seien Videospiele gut geeignet, erklärt Toan Nguyen. Schließlich seien Einsamkeit und Isolation die Ursache vieler Krankheiten. Gemeinsames Spielen habe hier einen positiven therapeutischen Effekt. Am besten wäre es, darin ist sich die Runde einig, wenn Gesundheitsfunktionen in bestehende populäre Spiele wie Minecraft oder Fortnite implementiert würden. Oder in die Plattform Roblox, auf der man eigene Spiele erstellen kann. Roblox hat jeden Tag 85 Millionen Nutzer. Aber so weit ist es noch lange nicht. In Ländern wie den USA oder Großbritannien haben sich digitale Gesundheitsgames bereits etabliert, Deutschland hinkt etwas hinterher. Auch aus diesem Grund bringt die TK das Thema auf die Agenda.

Podiumsdiskussion mit mehreren Personen auf einer Bühne, im Hintergrund ein großes Display mit Namen und Fotos der Teilnehmenden.

Der Spieltrieb an der Supermarktkasse

Warum kommen Computerspiele eigentlich so gut an? Die Experten auf dem Podium erklären es so: Menschen haben einen natürlichen Spieltrieb. Toan Nguyen zieht einen Vergleich: „Wie oft stehen wir an der Supermarktkasse und überlegen im Stillen: Wie teuer fällt der Einkauf aus? Und freuen uns, wenn wir nah dran am Ergebnis sind.“ Das funktioniert auf allen Ebenen, sagt er. Viele digitale Anwendungen, zum Beispiel Sprachlern-Apps, machen sich den Spaß am Spiel zunutze: Überall geht es ums Ausprobieren und Weiterkommen, das nächste Level erreichen, Coins sammeln, belohnt werden...

Bei den „Games for Health“ spielt auch Bewegung eine wichtige Rolle. So hat Manouchehr Shamsrizi am gamelab.berlin der Humboldt-Universität eine leicht zu bedienende Spielekonsole für ältere Menschen entwickelt („MemoreBox“), die ihnen hilft, spielend körperlich und geistig fit zu bleiben. Der Erfolg ist beeindruckend. „Die älteren Menschen stürzen weniger, die soziale Isolation nimmt ab“, sagt Shamsrizi. Die Spiele sind hoch individualisiert, die Inhalte auf jeden Nutzer zugeschnitten. Auf den gleichen Prinzipien aufbauend, entwickelt das gamelab.berlin zurzeit, gefördert durch das Bundesforschungsministerium, analog-digital-hybride Rollenspiele für Schulkinder, die an Dyskalkulie und deren psychologischen Folgen leiden.

Auch wenn „Games for Health“ gerade in Deutschland noch am Anfang stehen – ein Anfang ist gemacht, die großen Chancen sind erkannt.

Ein humanoider Roboter der Marke Neura steht auf einer Messe und sortiert Geschirr auf einem Tisch. Im Hintergrund sind beleuchtete Messestände zu sehen.

E-Sport begeistert Millionen

Bei der IFA Berlin, dieser Leistungsschau der Technikbranche, stoßen die Talks der TK auf großes Interesse. Zum Beispiel die Runde zum Thema E-Sport, also über die Wettbewerbe, die auf digitalen Spielekonsolen ausgetragen werden. Wie lässt sich E-Sport nachhaltig und gesund gestalten? Darum geht es bei der Diskussion mit renommierten Fachleuten. E-Sport begeistert Millionen und wächst rasant. Für viele Jugendliche stehen die Topspielerinnen und -spieler mindestens auf einer Stufe mit den größten Fußballstars. Auch wenn sie nicht gegen Real Madrid spielen, sondern bei „League of Legends“ um den Sieg kämpfen.

Sechs Personen sitzen nebeneinander in einer modernen Empfangshalle mit Treppe im Hintergrund.
Drei Menschen sprechen auf einer Bühne miteinander und halten Mikrofone in der Hand.
Zwei Personen sitzen auf einer Bühne und unterhalten sich mit Mikrofonen vor einer Leinwand mit bunten Feldern.

„Das Thema ist inzwischen in der Gesellschaft angekommen“, sagt Bruno Kollhorst, der bei der TK unter anderem für E-Sport zuständig ist. Bei Deutschlands größter gesetzlicher Krankenkasse mit ihren rund 15.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gibt es ein eigenes E-Sport-Team. Kollhorst weiß: E-Sport kann der mentalen Fitness dienen. Und Talent an der Konsole allein reicht nicht aus – man muss auch körperlich trainiert sein. Die Top-Spielerinnen und -Spieler in den E-Sport-Profiligen sind oft genauso fit wie „normale“ Leistungssportler.

Was fehlt, sind Strukturen, wie sie in anderen Sportarten seit Langem üblich sind. Nachwuchsarbeit, Talentförderung, Trainerausbildung – all das ist beim E-Sport noch unterentwickelt, sagt etwa Julius Althoff, Geschäftsführer der esports players foundation. Und Vivien Mallant vom Team Unicorns of Love weist auf die Verantwortung für junge Spieler hin. Einige Jahre geben die E-Sport-Talente alles – und dann? Nach der Karriere stehen sie oft ohne Perspektive da. Da unterscheidet sich die E-Sport-Branche nicht von anderen Sportarten. Umso wichtiger, dass Fragen zu Gesundheit und Lebenschancen auch hier eine wichtige Rolle spielen.

Johannes Wimmer sitzt auf einem Hocker vor einer lila Wand und spricht in ein Mikrofon, während er gestikuliert.

Ist die Politik zu zögerlich?

In einem weiteren Panel geht es unter anderem um die Chancen und Möglichkeiten der elektronischen Patientenakte, kurz ePA – nach Meinung von TK-Chef Jens Baas ein wichtiges Instrument, von dem vor allem die Patienten profitieren. Im Gespräch mit Dirk General-Kuchel, dem Chefredakteur von „Computer Bild“, gibt Baas interessante Einblicke, wie die Digitalisierung das Gesundheitssystem aufs nächste Level bringen kann. Gerade die TK versteht sich als Vorreiter auf diesem Gebiet. Seit Langem kämpft Jens Baas gegen zu große Zögerlichkeit, vor allem bei der Politik. Er ist davon überzeugt, dass die Chancen der Digitalisierung konsequenter genutzt werden müssen. Auch die Bedeutung von künstlicher Intelligenz für die Krankenkassen kann man seiner Ansicht nach „nicht hoch genug einschätzen“.

Allerdings: Digitalisierung nicht um jeden Preis. Bei der Hotline der TK, die täglich Tausende Versicherte anrufen, setzt Jens Baas weiterhin auf die Stärken der analogen Welt: „Wenn Sie möchten, werden Sie auch in Zukunft bei uns immer mit einem Menschen sprechen können.“

Mehr zum Thema

Eine große Bühne der „OMR Blue Stage“ mit modernem Design zeigt eine Podiumsdiskussion zum Thema „Millionen-Reichweiten und Shitstorms“. Im Hintergrund ist ein großer Bildschirm mit Illustrationen und Titelgrafiken, während ein dichtes Publikum aufmerksam zuhört.

Einblicke ins digitale Universum

Was treibt die Digitalbranche gerade um? Das lässt sich nirgends besser beobachten als auf der OMR in Hamburg. Talks, Trends, Termine – fast 70.000 Menschen ließen sich von der Inszenierung des Festivals mitreißen.

Eine Person steht in einem modernen, hellen Büro mit dem Logo der Techniker Krankenkasse im Hintergrund.

Mit KI gegen den Fachkräftemangel

Immer mehr ausländische Fachkräfte kommen nach Deutschland. Und haben viele Fragen. Die TK ist Vorreiter bei der digitalen Transformation im Gesundheitswesen. Und hilft mit KI-Avataren beim Onboarding.

Eine Person mit Kopfhörern steht vor einem leuchtend blauen Hintergrund mit der Aufschrift „Achte auf dich“ und berührt scheinbar eine digitale Projektion mit ausgestrecktem Arm.

Trends und Friends in der digitalen Welt

Bei der OMR werden die wichtigen Fragen rund um Internet und neueste Technologien verhandelt. Mittendrin: die TK als digitaler Vorreiter.